Ulla 5. Session – Inneres Kind

Kl: *ist in folgendem Bild: Südamerikanische Pyramide, Ulla steht zunächst oben auf der Pyramide und läuft dann dort die Treppe nach unten, und gelangt so zu dem Eingang in die Pyramide.*

... da ist eigentlich offen, da kann man einfach rein gehen.
Th: O.k. Dann geh ruhig mal rein und lass Dich überraschen, was Du so wahr nimmst, wenn Du rein gehst. Kannst aber auch im Vorbei gehen mal gucken, ob da auf der Tür was drauf steht, wenn sie schon offen ist.
Kl: Da oben drüber ist ein Schild, ja, über dem Eingang. Da ist gar keine Tür, das ist nur ein... was steht denn da? *lacht*, da steht: „Ich“, o.k., gut. Also ich gehe jetzt mal da rein. So eine kleine Pyramide da, ist ganz schön hier, also hier gefällt es mir gut.
Th: Wie ist so das Grundlebensgefühl, wenn Du das so wahr nimmst: Wie geht es Dir?
Kl: Och, eigentlich geht es mir gut. Also ich bin noch draußen, ich bin noch nicht drin! *ist amüsiert*, *lacht*
Th: Ach so.
Kl: Ich überlege noch. Mir gefällt es hier draußen total gut. Es ist einfach schön, die Sonne scheint, Wiese ist grün und so. Und es ist ein schöner Platz, irgendwie toll und jetzt soll ich da halt rein und ... pfff, ja, o.k., ich geh da schon rein, aber jetzt muss ich mich erst noch überwinden. Irgendwas ruft mich da, dass ich da rein gehen soll, also so „Komm doch! Komm!“
Th: Ah ja.
Kl: „Komm rein!“ Jetzt gehe ich über die Schwelle, hm, bin aufgeregt. Das ist ja schon ein bekanntes Gefühl, dass ich aufgeregt bin. So. Jetzt hab ich das Gefühl, dass da irgendwas ist, also dass da irgendwas auf mich wartet.
Wo komme ich denn da jetzt hin? Um die Kurve rum... *pause* Oooh! UAH! Jetzt sackt mir aber mein Herz in die Hosentasche! Puh! Jetzt bin ich in einem Raum, und da ist ein Sarg und auf dem Sarg da sitze ich, als kleines Kind.
Th: Ja.
Kl: *schnauft tief durch*
Th: Wie siehst Du denn aus?
Kl: Tot. Käsebleich, tot, und die sagt auch: „Ich bin tot.“
Th: Ja. Frag sie doch mal, woran sie gestorben ist.
Kl: Uah! Das ist heftig! Ah! Ich sehe mich selbst tot als kleines Kind – das ist krass! Das ist richtig krass das Bild! Und das ist so ein Steinsarg, also deswegen auch die Pyramide oder so, Symbol, keine Ahnung. Alles so Stein.
Th: Frag sie mal ob sie Dein inneres Kind ist!
Kl: Puh. Wer bist denn Du? „Ein Teil von Dir.“ Ich hab Angst vor Dir, das sag ich Dir!
Th: Frag sie mal, ob Du das bist, von früher, in Deiner Kindheit, und ob Du als Kind gestorben bist.
Kl: Bist Du ich? Sie nickt.
Th: Also wir bezeichnen das immer so als „inneres Kind“. Das was Du früher mal warst.
Kl: Bist Du mein Inneres Kind? Uah, die guckt mich nur mit total verlorenen Augen an.
Th: Ja.
Kl: Uah! Aber was für Augen! Gespenstisch ist das hier.
Th: Ja. Wenn Du so willst: So ging es Dir damals, als Du so alt warst.
Kl: Oh, ist das gruslig!
Th: Das ist nur ein ehrlicher Ausdruck, wie es Dir damals ging. Du bist damals offensichtlich gestorben. Frag sie doch mal, was dazu beigetragen hat, oder wie es ihr jetzt geht, dass Du auftauchst. Du kommst ja quasi aus der Zukunft, wenn Du so willst, sie hat also quasi seit dieser Zeit auf Dich gewartet.
Kl: Puh. *zittert heftig am ganzen Körper* Uoh, Du wirkst so... grau. Das einzige lebendige an Dir sind Deine Augen. Also pass mal auf, ich frag Dich jetzt mal was *mit zittriger Stimme*, wie... erst mal... wie geht es Dir hier? Es ist total still, sagt sie, es ist einsam, es ist ruhig, es ist leblos, es ist... das einzige, was sie noch hat sind Augen, mit denen sie gucken kann. Aber ansonsten ist alles tot.
Th: Wer hat sie getötet? Wer hat sie umgebracht? Was hat sie getötet? Frag sie ruhig.
Kl: Uah, mir fällt es total schwer mit Dir... Dich überhaupt anzugucken. Sie hat hier auf mich gewartet, sagt sie jetzt. O.k. So siehst Du auch aus, Du sitzt hier so im Schneidersitz auf dem Sarg, wie wenn Du wartest. „Ja.“ Gut, woher, warum, wieso dieses ganze Symbol hier? Du sitzt hier auf einem Sarg, Du sagst Du bist tot, warum? Was hat Dich umgebracht? Oder was... was ist es? Zeit mir mal was, komm. Ich bin jetzt hier und ich will jetzt das alles wissen. Bin hier am Aufräumen. Jetzt krabbelt sie runter vom Sarg. Uah, die sieht aus! Wuah... *entsetzt*
Th: Sag es ihr! Rede mit ihr!
Kl: Du siehst aus! Du bist total dünn und grau und ausgemergelt und hast einen riesigen Kopf! Was heißt riesig, das stimmt jetzt nicht, aber irgendwie so einen großen Kopf. Wie so eine... wie so... ja, es sieht aber aus wie ne Lei... wie so ein...hä, Du hast Ähnlichkeit mit, Du hast Ähnlichkeit mit so einem... ja, wie nennt man das, Mensch, wenn so ein Pharao da irgendwie einbalsamiert worden ist? Wie nennt man das? So eine Leiche?
Th: Mumie.
Kl: Mumie, genau! Ähnlichkeit mit einer Mumie schon, also so aus... also der Körper! Nur die Augen sind lebendig.
Th: Sie wartet auch schon 30 Jahre.
Kl: Oh, sie nimmt mich jetzt an der Hand... und wir gehen jetzt da zu einer Tür... auf der Tür sind alle möglichen Symbole drauf, das sieht jetzt ein wenig, na ja, das ist jetzt ein wenig so... wie so ägyptisch, bisle so, lauter so Geschichten drauf gemalt, keine Ahnung. Jedenfalls ist die schön, die Tür, so eine goldene Tür, und da gehen wir jetzt dann rein. Dann machen wir die mal auf... was ist denn da jetzt? Da ist alles rot. Wo bin ich denn jetzt gelandet?
Th: Oder frag sie, was sie Dir zeigen will.
Kl: Ja, mach es mal ein wenig konkreter, ich sehe jetzt hier glaub bloß rot, wie Feuer oder pff.... zeig mir mal konkret was, womit ich was anfangen kann! Jetzt legt sie sich auf den Boden... bewegungslos. Sie ist beweg...wa...was willst Du mir denn jetzt sagen? Ich verstehe das jetzt nicht! Die legt sich jetzt bloß dahin und macht einen auf „Ich bewege mich nicht mehr.“, mitten in dem Raum da.
Th: Sag ihr, sie soll Dir die Situationen zeigen, die dazu gehören, damit Du mit ihr dort hin gehen kannst.
Kl: Jetzt! Jetzt hab ich eine Situation. O.k. jetzt sind wir wieder da, da war ich schon mal, aber das hab ich irgendwie nicht... o.k. gut, wir sind jetzt da, ich sag es jetzt einfach mal: Hier bin ich, bist Du, Du bist jetzt.... jetzt sehe ich mich als kleines Kind, ich bin ungefähr sieben, sechs, sieben, acht, pfff, keine Ahnung, ich weiß es nicht, doch so... und ich bin in dem Bad wieder, ich bin jetzt wieder da in dem Haus von dem Onkel da, und ich bin in dem Bad und da ist eine... und da ist... und da ist... und zieh mich nackig aus – ich bin allein – und geh in den... und da ist ein Karton - das Spiel hab ich gespielt, als Kind – da ist ein Karton und ich sitze in dem Karton, voll zusammen gekauert, und werde irgendwie, spiel dass ich verkauft werde und dann werde ich geschlagen. Dann nimmt man mich raus, schlägt mich, misshandelt mich, keine Ahnung, ich spiele halt das Opfer. Das ist ein Spiel, das ich gespielt habe, als Kind. Daran erinnert sie mich jetzt, an dieses Spiel. In dem Bad. Und ich frag mich schon lange, was das zu bedeuten hat, dass ich das gespielt habe.
Th: Frag das kleine Mädchen jetzt, sie weiß das.
Kl: Sie sagt, das hätte ich gespielt, also: „Ich habe es gespielt.“, sagt sie. Ja, und was soll das jetzt bedeuten? Zeig mir mal noch mehr! Was geht denn da jetzt? Jetzt führt sie mich... jetzt gehen wir aus dem Haus raus, jetzt führt sie mich den Berg da runter... wo führst Du mich denn jetzt hin? Jetzt gehen wir da durch das ganze Dorf durch. Jetzt führt sie mich zur Kirche... gehen wir wieder weiter... was, was... ah, jetzt führt sie mich über den Friedhof. Was willst Du mir denn jetzt sagen? Jetzt führt sich mich da... die führt mich da rum! Im ganzen Dorf rum.
Th: Was ist das für ein Dorf?
Kl: Das Dorf wo ich auf... wo ich gestern auch schon war.
Th: Ah ja, wo Du aufgewachsen bist.
Kl: *bejaht* Wo das Grab meiner Mutter auch ist, da waren wir gerade, jetzt gehen wir an meinem Kindergarten vorbei, jetzt gehen wir an meiner Schule vorbei, jetzt gehen wir...
Th: Die zeigt Dir quasi Deine Kindheit.
Kl: Die zeigt mir mein ganzes Dorf! Ja! Genau! Die meint auch: „Es geht hier um alles!“, mein Grundlebensgefühl, sagt sie. Ach, jetzt zeigt sie mir meinen Lehrer, sogar! Der hat mich auch nicht leiden können.
Th: Sag es ihm mal direkt.
Kl: Meinem Lehrer?
Th: Ja.
Kl: Der Kliemann.
Th: Spreche ihn mal direkt an.
Kl: Kliemann, Herr Kliemann, Du konntest mich auch nicht leiden. „Nö.“
Th: Das heißt es gab niemanden, der Dich gemocht hat.
Kl: Der konnte mich nicht leiden... Du konntest mich nicht leiden, weil ich nicht so war wie meine Mutter. Meine Mutter war immer so fleißig und hat immer alles gemacht und ich, ich war immer so aufgeweckt und hab immer geschwätzt im Unterricht, und dann musste ich ständig nachsitzen, und dann war ich nicht fleißig, und war faul und hab nicht meine Hausauf... also ich war einfach anders als meine Mutter, und das hat ihm nicht gepasst. Das hat Dir nicht gepasst, gell, Kliemann! „Ja, richtig.“ Der konnte mich nicht ausstehen.
Th: D.h. das kleine Mädchen zeigt Dir, dass Du in Deiner Kindheit eigentlich... allein warst? Tot warst, dadurch?
Kl: Ja, mehr noch. Da ist... jetzt zeigt sie mir meine Onkel, meine Tanten, jetzt sind wir bei der Tante Lotte da draußen, die zeigt sie mir jetzt, jetzt laufen wir weiter, ins Dorf rein... meine ganze... alles, das ganze... dass ich mich völlig... sie sagt: „Ich fühle mich total v e r l o r e n.“
Th: Ah ja.
Kl: V e r l o r e n. Verloren.
Th: Ist das die Zeit wo Deine Mama schon tot war?
Kl: Ja.
Th: Frag sie mal, ob das vorher ein bisschen anders war.
Kl: Du, war das anders, als meine Mama noch gelebt hat? Hab ich mich da weniger verloren gefühlt, oder... oder... äh... ähm, was äh... ja, sag mal! Schüttle mal... tu mal mit dem Kopf nicken oder schütteln. Ich muss die Frage noch mal stellen *lacht*, das war gerade zu verwirrend. Also, noch mal: Ist das erst... fühle ich mich erst verloren seitdem meine Mutter tot ist? Jetzt nickt sie.
Th: Ja. O.k. Dann hol mal Deine Mama herbei und zeig ihr mal das Kind, dieses tote Kind.
Kl: Buoh, ja, jetzt zeigt sie mir die Szene, wo ich draußen auf der Bank sitze. Aber ich hab gedacht, das hätten wir schon hinter uns? Da haben wir doch schon dran gemacht! O.k., das ist jetzt egal, „Frag nicht nach!“, sagt sie.
Th: Ja.
Kl: Na gut, dann frag ich halt nicht nach. Sie zeigt mir das jetzt, ich sitze jetzt auf der Bank, jetzt hol ich mal die Mutter. Mutter, Du bist gerade gestorben, und ich sitze jetzt hier auf der Bank – das ist jetzt genau das Gefühl! Genau das ist es jetzt gerade: Ich fühle mich jetzt verloren.
Th: Ja. Da ist sie gestorben. Frag sie mal, das Kind!
Kl: Genau! Genau! Das wollte ich gerade sagen! Das wollte ich... ich wollte... ich hatte es gerade, das kam gerade hoch: DA, da ist sie gest.... genau das – Du hast es mir jetzt aus dem Mund genommen, das Wort, da ist dieser Teil von mir gestorben, hat sie jetzt gerade gesagt, genau da auf der Bank! In diesem Moment auf der Bank, als ich da gesessen bin.
Th: Der kam schon mal hoch, aber den habt ihr nicht bearbeitet, oder wie?
Kl: Das, da bin ich schon mal dran gewesen und da hab irgendwie dann mit meiner Mutter rum gemacht, müsste ich jetzt nach gucken, weiß ich nicht mehr genau, aber SO jetzt, wie jetzt, so kam es nicht. Also das ist jetzt neu.
Th: O.k.
Kl: Dieses ist jetzt, das hab ich... mir war nicht klar, das ein Teil von mir gestorben ist, oder... so jetzt... auf dieser Bank, das ist genau identisch mit dem Gefühl, sie hat gesagt „verloren“, und das ist jetzt das Gefühl. Auf der Bank, da wo ich gesessen bin, DA ist etwas verloren gegangen.
Th: Ja. Für immer. Dann hol jetzt Deine Mama herbei und sag es ihr.
Kl: Mama. Komm mal her, buoh, guck mal, ich sitze jetzt hier auf der Bank, oder bzw. ich sehe mich jetzt hier sitzen, oder nee, ich sitze da, ich spüre es ja, und jetzt merke ich, wie ein Teil von mir richtig abhaut, richtig geht. Der geht weg! Der verliert... der verliert... ich verliere den jetzt, mit Dir! Du bist... Du gehst, Du bist jetzt gegangen und Du nimmst den Teil mit! Und jetzt bin ich... jetzt ist da ein Teil von mir... guck mal das Mädel da an, wie die da aussieht! Die ist jetzt tot!
Th: Die Lebendigkeit ist mit Deiner Mama mit gegangen.
Kl: Irgendein Stück davon zumindest, also, irgendwas halt, ich weiß jetzt nicht genau was oder wie, aber jedenfalls ist das jetzt das Bild.
Th: Schau mal wie Deine Mama reagiert.
Kl: Die guckt jetzt erst mal nur so... hkrm... hm... schuldbewusst? Bist Du jetzt schuldbewusst? Man die sagt doch jetzt glatt sie hat den Teil mitgenommen?!
Th: Ja. Genau da ist es. Die hat die Lebendigkeit, Fröhlichkeit, dieses „sich einfach freuen im Leben“, das toben, das „da sein“, das war alles an Deine Mama gebunden und die ist weg gegangen, also ist hier plötzlich die Energie weg gegangen. Ein Teil fehlt.
Kl: Die hat jetzt knallhart gesagt, das hat sie einfach... das hat sie halt mitgenommen, das Kind, das... das Kind. Das hat sie halt an der Hand mit... zack...
Th: Das lebendige Kind hat sie mit genommen. Kl: Ja. Richtig.
Th: Und das tote, traurige Kind ist...
Kl: ... das ist zurück geblieben.
Th: Ist klar, mit sechs Jahren die Mama verlieren, ist klar, das Kind geht mit.
Kl: *atmet schwer*
Th: Dann soll sie mal dieses lebendige Kind aufrufen, damit Du es wieder sehen kannst, wie Du mal warst, was zu Dir gehört.
Kl: Ja! Hol mal, Mutter, hol mal das Kind! Hol mal das sechsjährige, lebendige Kind, das ich bin, auch bin, war, was weiß ich, hol es!
Th: Ja.
Kl: Das hängt an der Mutter, das hängt an der Mutter wie fest geschweißt! An dem Arm von der Mutter hängt es dran und hüpft und lacht und hängt aber total an dieser Mutter fest! Wie wenn die untrennbar wären?!
Th: Ja. So hat sie es auch erlebt, wahrscheinlich.
Kl: Man, das ist ja jetzt mal heftig. *hält inne* Ich will das Kind zurück!
Th: *lacht*, ja sag es Deiner Mama! Sag es der Kleinen: Du gehörst zu mir! Ich bin hier!
Kl: Mutter? Mutter, das ist meines, das gehört mir! Das ist mein Kind, das gehört mir, das gehört nicht Dir, das ist meines, ich will das zurück! Kind, Du, Dir sag ich es auch: Ich will Dich zurück! Du gehörst nicht zu dieser Mutter da, die ist tot, Du gehörst zu mir! Ich brauch Dich jetzt!
Th: Ja.
Kl: Das kann ich gar nicht mit angucken, dass Du an der so klebst! Die ist nämlich tot, das ist der Punkt! Das nützt mir gar nix, wenn Du an der klebst!
Th: Ja. Und zeig ihr auch das andere tote Kind, was dadurch tot ist, dass sie weg ist.
Kl: Ja, genau! Ja guck mal, das ist es ja! Guck mal hier: Das ist jetzt das, was ich jetzt habe! Ich gehe jetzt da in meine Innenwelt und was finde ich? So ein ausgemergeltes, graues, totes.... was weiß ich... mumienähnliches kleines Kind, das mein inneres Kind ist?! *empört* Das.. das kann... das.... nee! Ich will Dich zurück! Du bist mein inneres Kind! Oder bzw. ihr seid es meinetwegen beide, aber ich will Dich jedenfalls, ich will Dich!
Th: Es sind beide, ja.
Kl: *schnauft*
Th: Bring die beiden mal zusammen, ganz einfach. Und Deine Mama muss das Kind los lassen und muss das Kind auch hier lassen. Irgendwie hat sie das Kind mitgenommen.
Kl: Wir machen jetzt eine Krisensitzung. So kommt mir das gerade... setzen uns jetzt im Kreis da irgendwo hin. Setzen wir uns da auf die Wiese, vor die Pyramide, oder was machen wir? Weil vor dem Haus da will ich das nicht machen, das ist mir zu öffentlich. Ja, wir brauchen da jetzt einen Kraftplatz, also bitte, hier, hocken wir uns da auf die Wiese.
Also Du bist jetzt da immer noch total fest geklebt an dieser Mutter, sehe ich. Und ich bin hier festgeklebt mit dem grauen... mit dem grauen Wutzel da, Teil hier... ist jetzt wie so „ich will es abschütteln“, so: *schüttelt den Arm*, *lacht*, das hängt jetzt an MEINEM Arm! Oh.... *unangenehm berührt*
Th: Ja, das muss wenigstens von Dir angenommen werden.
Kl: Ja, schon, ich merke es auch, also das ist jetzt auch nicht...
Th: Rede mit ihr! Rede mit ihr!
Kl: Hey, ich hab jetzt gerade das Gefühl gehabt, ich will Dich abschütteln!
Th: Dann ist es ganz alleine, dann hat es sogar Dich verloren.
Kl: Will ich aber *gähnt*, nee, ich will Dich gar nicht abschütteln, das war jetzt bloß geschwind so dieses „Ich will es doch gelöst haben“. Ich, pass mal auf, komm mal her zu mir, setzt Dich mal auf meinen Schoß – Du bist ja ein Teil von mir und Du bist ja nicht umsonst da – setz Dich jetzt auf meinen Schoß! Genau, komm her. Irgendwie kriegen wir das schon hin. Meine Güte bist Du dünn. Oh Gott bist Du dünn! Bist Du dünn! Jetzt merke ich das auch... oh, heute morgen... das warst Du, gell, das warst Du, stimmt es? Du warst das! Sie nickt?! Ich hab heute morgen... da wollte ich frühstücken... ich erzähle das jetzt mal Dir: Ich wollte frühstücken und... oh, ich konnte... ich hab das Brötchen vor meiner Nase gehabt und das Obst und alles und es ging NICHTS, ich hab gedacht „Ich hab keinen Hunger. Ich will nix essen, uäh, buah, Essen? Iiiiih, ihgitt!“, und dann hab ich das so.. ich hab es richtig rein gezwungen, das halbe Brötchen hab ich mir rein... weil mir hat der Magen weh getan, so sehr hatte ich Hunger, mir hat richtig alles weh getan! Und das warst Du! Du warst es, stimmt es? JA! Das war sie! Und dann hab ich mich im Spiegel angeguckt und hab gedacht „Oh, bin ich dünn!“, und: „Noch dünner will ich nicht werden!“, und „Ich will nicht noch dünner werden.“, ich will eigentlich überhaupt nicht noch dünner werden, ich bin dünn genug, noch dünner, dann sieht man mich nicht mehr, dann bin ich ein Klappergerüst. Und... das ist alles sie... das bist alles Du. Das bist Du!
Th: Frag sie mal, ob sie schon seit Jahren auch diese Nahrung verweigert, nicht mehr essen will.
Kl: Immer wenn ich emotional nicht klar komme. Also wenn es ganz heftig wird, dann ist sie... dann ist sie da und dann verweigere ich... und dann... äh... kann.. das ist nicht, dass ich es verweigere, sondern ich KANN dann nicht mehr, also ich bin dann nicht mehr in der Lage...
Th: Ja. Sie verweigert es – frag sie mal!
Kl: Sie! Du verweigert es, gell? Ja, ja, die nickt ganz kräftig.
Th: Ja, sie kam emotional nicht klar und deshalb ist das gekoppelt daran, und wenn Du dann in diese Situation kommst, welche auch immer, dann geht essen gar nicht mehr.
Kl: Oh ich muss jetzt mal meinen Körper halten. Ha, ich halte jetzt Dich!
Th: Ist sie auch für das Kotzen verantwortlich, frag sie mal.
Kl: Hast Du mit dem Kotzen auch was zu tun? Das ist die Vorstufe, sagt sie. Hä? Das verstehe ich nicht. Na da hab ich noch Lust am Essen.
Th: Ah ja.
Kl: Aber ich will es dann nicht drin behalten, das ist dann sie.
Th: Ja. Und wenn Du das Essen ganz einstellst, also keinen Hunger mehr hast und nix mehr runter kriegst, dann arbeitet sie total
Kl: Ja, genau, dann ist sie ganz da. Das ist das was danach kommt. Kotzen kommt davor. Und wenn es richtig... wenn es richtig ans Eingemachte geht, dann kommt sie, dann ist sie da und dann gibt es nichts mehr zu essen.
Th: Seid ihr mal in Euren Therapiegesprächen so ein bisschen tiefer gegangen, was Dir passiert ist als Kind, Mama gestorben, oder der Hintergrund oder...
Kl: Ja, das sind wir schon ein bisschen... da haben wir schon drüber geredet. Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was wir genau geredet haben. Und wie und was so...
Th: Ist aber das innere Kind nicht angesprochen worden?
Kl: Nee, nicht wirklich, also das ist alles so, nur so... das war auch immer nur eine Einzelsitzung in der Woche, und die ging immer ganz schnell rum und irgendwie... ja, so richtig... ich hab auch während der ganzen Therapie das Gefühl habt, dass mir... dass mir der Tiefgang fehlt. Das es mir fehlt, dass ich nicht tief genug komme.
Th: Weil eigentlich wäre die Therapie ja dafür da, diese Hintergründe aufzudecken, warum diese Lebens-Unlust da ist, die Essensverweigerung... was ist passiert?
Wie lange war die? Vier Monate?
Kl: Vier Monate, ja.
Th: Wann war die?
Kl: Letztes Jahr, vom 9. Februar, ich bin am Aschermittwoch, hehe, am Aschermittwoch bin ich los, hatte ich meinen ersten Tag, und das ging dann bis Juni, also bis 1. Juni.... bis 31. Mai... 31. Mai ist das Sterbedatum meiner Mutter, das war der letzte Therapietag.
Th: Oh.
Kl: Mutter, genau, das muss ich Dir jetzt auch noch sagen, gell, Du hast auch eine Therapie gemacht, aber Du hast sie nicht geschafft. Du hast Tabletten genommen, Dich hat man dann da raus geschmissen.
Th: Oh.
Kl: Und das möchte ich jetzt gerne von Dir wissen: Und dann bist Du gestorben, kurz darauf. Hat das damit auch was zu tun, oder? Sie hat... das ist dieses... sie sagt jetzt gerade sie hat total aufgegeben. Sich selbst. Sie hat sich selbst total aufgegeben.
Th: D.h. in der Therapie konnte ihr gar nicht geholfen werden, dass sie zu sich findet.
Kl: Nee.
Th: Und das Ergebnis war, wenn Du so willst, sie hat sich anschließend umgebracht.
Kl: Ja.
Th: Durch einen Autounfall.
Kl: Ja. Oh, und jetzt kommt mir, dass ich es gespürt habe. Ich habe es gespürt, als sie gestorben ist, als Kind, ich war im Kindergarten. Und... Du, Mama, das erzähle ich Dir jetzt mal, und Dir auch, und Euch allen erzähle ich das jetzt mal, hört mal alle zu! Jetzt sitze ich da in dieser Runde und erzähle es. Ich bin im Kindergarten gewesen.... Mensch ja, hör mal Du zu! Ihr zwei Kleinen, ihr müsst ganz gut zuhören jetzt. Ich bin sechs Jahre alt gewesen, und wir sind draußen gesessen und es war so ein Frühlingstag. Und die hat irgendwie Geschichten vorgelesen, die Kindergärtnerin, und auf einmal haben die Glocken angefangen zu läuten „Bing, bing, bing, bing...“, und wenn die so läuten, dann, hat die Kindergärtnerin gesagt, dann ist jemand gestorben. Und dann war bei mir SOFORT, augenblicklich das Gefühl da: „Das ist meine Mutter.“ Und dann hab ich zu meiner Freundin, die Ina, die saß neben mir, zu der hab ich gesagt: „Hey, Ina, das wird doch jetzt wohl nicht meine Mutter sein?“, da hat die Ina gesagt: „Nee, Deine Mutter ist doch noch viel zu jung!“. Und ich hab aber so ein Gefühl im Bauch gehabt, ich hab irgendwie gespürt, dass Du das bist, Mutter. Und dann hab ich irgendwie alles gewusst, dann war alles bloß noch wie im Film, ab da war alles bloß noch wie ein Film, der abläuft. Das war wirklich wie Film. Weil ich hab jetzt gewusst... ich hab gewusst, dass jetzt gleich der Pfarrer kommt, ich hab gewusst, dass der Pfarrer mit der Kindergärtnerin rein gehen wird, ich hab gewusst, dass die mich dann gleich rufen werden, ich gewusst, dass dir mir sagen werden, dass ich jetzt mit dem Pfarrer mit muss.... und all das ist passiert! Der Pfarrer kam, mit seinem Golf, ist mit ihr rein, haben sie mich geholt... ich hab gewusst: Die holen jetzt MICH! Und ich hab gewusst, dann geht der mit mir ins Auto und dann war der mit mir im Auto, und dann er jetzt dann irgendwann was gefaselt von wegen meine Mutter wäre im Himmel und so, und ich konnte das überhaupt nicht glauben, in dem Himmel, was für ein Himmel, und überhaupt und so... ich hab aber ja gewusst, dass Du tot bist, und dann... sind wir heim gefahren, und dann war da die Szene mit den ganzen Verwandten, die mich alle genervt haben, und dann bin ich runter auf die Bank.
Und da bist jetzt Du entstanden. Und Du. Du hast jetzt... da bist... Du hast die mitgenommen und Du bist zurück geblieben.
Th: Ja. Da ist so etwas wie eine Spaltung passiert. Eine Abspaltung. Dein inneres Kind ist tot zurück geblieben und das lebendige ist mit Deiner Mama mit gegangen. Und jetzt hast Du beide wieder vor Dir, und Deinen Mama auch, jetzt musst Du irgendwas machen.
Kl: Hm, genau, ich muss jetzt was machen, das wollte ich auch gerade sagen, jetzt was machen wir? Jetzt müssen wir... wir müssen jetzt gucken, dass Du wieder zu mir kommst. Dass ihr wieder zusammen kommt. Dass dieser lebendige Teil...ich will den wieder haben. Ich will wieder essen, Freude haben am Essen, ich will wieder Appetit, Appetit will ich haben!
Th: Ja.
Kl: Appetit auf Essen! Auf ...was so da ist, das möchte ich gerne wieder. Mach mal einen Vorschlag, Mama!
Meine Mutter sagt jetzt gerade, oder zeigt mir... sie redet jetzt mit dem kleinen Kind da, und erklärt ihr, dass es sie los lassen muss. „Guck mal, da ist die.. da bist Du aus der Zukunft, und da ist das innere Kind von der aus der Zukunft, und dieses innere Kind sieht nicht gut aus und Du fehlst ihr!“, sagt sie, „Und Du bist zwar mit mir mit, weil das war halt so, das haben wir halt so... das ging nicht anders, aber jetzt, jetzt musst Du, hier, da ist Dein Platz, da musst Du hin! Ich bin ja eigentlich immer da, weißt Du, ich bin ja... wenn Du mich brauchst, dann kannst Du mich rufen. Ich bin Deine Mama, und ich bin immer für Dich da, Du weißt, dass ich da bin, in Deinem Inneren. Und Du musst Dich nicht an mir festhalten, krampfhaft, und mit mir mit gehen. Du kannst jetzt hier bei der sein, die Dich braucht, bei der Ulla, die Dich braucht, zu der musst Du jetzt gehen.“, die guckt jetzt noch ein bisschen so „Äh?“, die nickt aber, nickt, o.k., die versteht das. Können wir das so machen? Kannst Du jetzt zu mir kommen? Kannst Du jetzt zu ihr?
Th: Schau mal, ob die beiden sich annehmen können. Eigentlich müsste das fröhliche Mädchen diesen toten Teil annehmen, der wahrscheinlich todtraurig ist, die Verbindung muss hergestellt werden. Guck mal, ob das geht.
Kl: Jetzt hab ich gerade nur das Bild: Die setzen sich jetzt Rücken an Rücken, erst mal. Die wollen sich jetzt erst mal so fühlen, ohne sich zu sehen.
Th: Ja. Weil das für das lebendige Mädchen ist natür...
Kl: Oh, ich will das jetzt auch machen! Kann ich mich irgendwie, irgendwohin setzen, an... an die Wand oder irgendwas?
Th: Ja, ja klar.
Kl: Ich will das jetzt fühlen, wie das ist!
Th: Du kannst Dich ja hierhin setzen.
Kl: Ja, das ist mir egal. Ah ja, o.k. (sitzt jetzt an die Wand gelehnt). Ah ja, o.k. aha. Oh ja, mhm. Puuh... *atmet intensiv ein und aus*... puuuh....
Th: Du kannst ja mit Deinem Bewusstsein jeweils in die eine oder auch in die andere Kleine hinein gehen. Einmal die todtraurig erleben, spüren, die, die Mama verloren hat, und einmal die lebendige.
Kl: Oh, ich bin in dieser todtraurigen drin. Ha. Puh. Ah die... puh, puh, die spürt jetzt diese Wärme!
Th: Ja. Zum ersten mal wieder Leben.
Kl: *lacht*, die spürt da in irgendwas... weiß nicht, in irgendwas rein.... buoh.... *zittert heftig, Zähne klappern*, *atmet tief durch*, oh jetzt kommt diese ganze Palette an Gefühlen... *atmet heftig*
Th: Ja, was spürst Du?
Kl: Jetzt kommt alles mögliche an Gefühlen, so dieses... mein Bauch, mein Magen, der tut irgendwie dieses... der sendet ein Gefühl in den Kopf, der macht Bewusstlosigkeit, der sendet Gefühle in die Arme, das ist irgendwie, der macht... da kommen jetzt alle möglichen Sachen: Die Hände, die taub werden, der Kopf, der weg sackt, die Beine... alles mögliche, irgendwie... „bsst, bsst, bsst“
Th: Sind das Deine Körpersymptome, die Du auch bei der Bulimie hattest?
Kl: Puh.
Th: Das musste ja auch alles rein körperlich ablaufen, zwangsmäßig. Merkst Du das?
Kl: Äh, kann ich jetzt noch nicht, kann ich noch nicht einordnen. Das ist nur so, wie wenn gerade alles verknüpft wird. Wie wenn gerade irgendwie „bsst, bsst, bsst“, alle möglichen Verknüpfungen statt finden, in meinem Kopf. *Atmet entspannter*, o.k. Wir tasten uns hier mit den Händen hier so... überhaupt mein Kopf, für meinen Kopf ist das jetzt ganz schön was, hey, puh, da wird mir jetzt schwindlig. Ah ja, jetzt, o.k., wenn ich zu wenig esse, dann wird mir schwindlig. Doch ja, das hat schon damit... also das ist dieses... das hab ich oft herbei geführt, um das zu fühlen. Damit es mir schwindlig wird, damit es mir schwarz vor Augen wird, damit ich... damit ich... leblos werde.
Th: Damit Du diesen Teil spüren kannst? Frag ihn mal, ob das stimmt: Ob er, dieser Teil, das herbei geführt hat, damit Du ihn wieder spürst?
Kl: Ja, stimmt das? Das nickt ganz heftig. *wird lauter* JA! Ich soll ihn spüren! Das er da ist!
Th: Ja. Du wolltest ihn nicht mehr haben.
Kl: Ich soll spüren, dass dieser Teil da ist! Die hat nach mir geschrieen, fast schon, innerlich.
Th: Ja. Die wollte letztendlich angenommen werden, Du hast sie vergessen gehabt. Du hast sie weg geschickt gehabt. Wie in der Pyramide, für ewig, für Tausende von Jahren, hat sie sich gefühlt, alleine, keiner kommt.
Kl: Ja, sie sagt gerade ich soll mir das alles angucken! Die ganz Symbolik. Das ist ganz wichtig. Das ist ganz, ganz grundlegend. Das ist etwas ganz grundlegendes um das es jetzt hier geht. Sie ist ein Teil von mir! Und sie hat dieses Loch in der Brust und sie hat dieses ganze... sie ist tot und grau und einsam und... ich weiß nicht was alles?! Ein, ein, ein, ein, ein völlig.... und das bin ICH! Es fällt mir total schwer, Dich anzunehmen, immer noch!
Th: Ja klar. Wenn Du den nicht abgeschnitten hättest, hättest Du möglicherweise nicht überlebt und wärst auch gestorben.
Kl: Ssssss..... das fällt mir ganz schwer, das fällt mir wahnsinnig schwer, ich hab wirklich Schwierigkeiten...
Th: Rede mit ihr!
Kl: Ich hab Schwierigkeiten, Dich so zu nehmen, Dich so zu... zu akzeptieren, Dich so zu... auch dieses Gefühl hab ich immer abgelehnt, wenn dieses Gefühl da war, das hab ich abgelehnt, mein Magen hab ich abgelehnt... dieses verlorene Gefühl hab ich auch abgelehnt, oh ja, das sagt sie mir gerade: „Du hast es auch abgelehnt, dass das passiert ist. Du hast abgelehnt, dass Du ein Problem damit hattest. Du hast Dein ganzes Leben lang behauptet: `Das hat mir ja überhaupt nix ausgemacht, dass meine Mutter gestorben ist.´“ Ich bin durch die Gegend gerannt und wenn dieses Thema zur Sprache kam hab ich irgendwie gelacht und hab gemeint „Hey, Leute, bemitleidet mich mal nicht, weil das ist ja alles nicht so schlimm, die ist halt tot, na und?“, und hab so getan, als wäre das alles überhaupt nicht schlimm, sagt sie mir gerade.
Th: Ja. Und Du hast das tun müssen, weil sonst hättest Du Dich auch tot gefühlt und hättest es nicht geschafft.
Kl: Das sag ich Dir jetzt mal, das ist wahr, ich spüre, dass das stimmt: Ich hab das tun müssen, weißt Du, das war nämlich alles ein bisschen viel auf einmal. Und ich konnte das nicht, ich konnte da nicht auch noch... das war unmöglich. Ich musste das weg schieben. Ich musste erst stark werden. Ich musste erst groß werden. Und ich hab den Tod meiner Mutter, den Todespunkt überlebt, und bin jetzt über 30. Das war immer für mich ein Punkt, ich hatte immer Angst, dass ich sterbe, ich hatte immer Angst, dass ich das irgendwie nach mache. Und... vieles hab ich nachgemacht, aber ich bin jetzt... stärker und älter geworden und hab es überlebt und bin jetzt an dem Punkt, wo ich merke: JETZT hole ich mir das Leben zurück. Und jetzt bin ich erst so weit, dass ich das angucken kann. Dass ich das erst mal so...
Th: Deine Mutter ist am 30.Mai gestorben?
Kl: Am 31. Mai. Hm. Und jetzt kann ich das erst mal angucken, was ich da für ein Häufchen Elend überhaupt bin. Aber jetzt merke ich gerade, dass ich mich jetzt so langsam damit versöhne. Ja, genau, Mutter, komm Du mal her und helfe mal ein wenig mit! Die hat jetzt gerade gefragt, ob sie helfen soll. Setz Dich mal mit dazu...
Th: Die hat immerhin ihr Kind zurück gelassen.
Kl: Die gibt uns jetzt ihre Hände. Eine links, eine rechts. Also: Sie gibt jetzt jedem dieser Kinder eine Hand.
Ach, und die lebendige Ulla da hinter mir, die sagt jetzt gerade, ich soll die Energie von ihr nehmen.
Th: Das heißt, die lebendige will auch wieder diesen Teil annehmen. Ja, die beiden gehören zusammen, oder ich drei gehört zusammen.
Kl: Oh, was ist denn das jetzt? Wieso wird denn mir so mulmig? Wieso wird...nicht mulmig... mir wird ein...ich krieg jetzt gerade so ein...
Th: Ja, Du machst Integration von drei Anteilen.
Kl: Mein Kopf, meine Ohren, ich krieg so Ohren... ich hab so Ohrensausen...
Th: Ja, klar, Du, diejenige, die überlebt hat, die funktioniert hat, die alles gemanagt hat, nimmst gerade den toten Teil, der zurück geblieben ist, und den lebendigen Teil, der mit Deiner Mama mit gegangen ist, und Deine Mama hilft Dir dabei. Du fängst gerade wieder an ein bisschen komplett zu werden, ein bisschen ganz zu werden.
Du kriegst zwei Teile: Einen Toten und einen ganz lebendigen. Und das dreißig Jahre später. Und in dem Sinne gibt es keine Zeit, Du hast so lange warten müssen.
Kl: Ja.
Th: Bist Du bereit warst, fit warst, oder wie auch immer.
Kl: Ja, so empfinde ich das, also so fühlt sich das auch an. Ja.
(Kassette wechselt)
Kl: ... bejahend lustig an. Und Du willst tanzen, immer tanzen, tanzen. *lacht* Und Du hast Spaß am Essen. Oh ja, die sagt mir gerade, sie hat Freude und Spaß am Essen und Null Problem damit! *lacht*, haha, das ist genial! Null Problem, sie sagt so: „Essen? Kein Thema. Was ist? Wie? Hast Du ein Problem?“, ganz klar! So ganz natürlich ist das, Essen ist etwas ganz natürliches, Du weißt genau die richtige Menge, Du weißt, dann Du satt bist, Du weißt wann Du essen willst und wann Du wieder aufhören willst, wann Du Süßigkeiten essen willst und wann Du wieder aufhören willst Süßigkeiten zu essen, und Du weißt... oh, die weiß alles! Die weiß alles übers Essen! Das ist fantastisch! Das ist fantastisch! Ehrlich, ich bin total begeistert... ich bin... oh ja, genau den Teil brauch ich. Jetzt beruhigt sich auch mein Magen, *lacht*, oh, der wird langsam war. Mmmh, schönes Gefühl. Ah! Haaa!
Th: Ja.
Kl: Jetzt kann ich mich wieder hinlegen.
Jetzt sitzen die zwei nebeneinander, nicht mehr Rücken an Rücken sondern Schulter an Schulter und gucken sich an, das ist wie dieses... wie meine kleine Maus, also meine Tochter, das Bild mit ihrer Freundin. Sie hatte Geburtstag, die Marlene und da hab ich ein Foto gemacht, von ihr mit ihrer Freundin zusammen. Und da sind die so nackig auf dem Boden gesessen, Schulter an Schulter und haben sich so angeguckt, irgendwie voll süß und haben Händchen gehalten. Und dieses Bild hab ich gerade. Das die das jetzt gerade machen, die zwei von mir hier. Meine zwei.
Die nimmt jetzt Farbe an. Und meine Mutter steht dahinter und hält die Hände drüber. Ich guck einfach nur zu, was da passiert.
Guck Dir das an! Die werden jetzt beide... und jetzt schlüpfen die ineinander! Bernd, die schlüpfen ineinander!
Th: Das nennt man Integration.
Kl: *lacht*, das ist cool.
Th: Die werden eins.
Kl: Ja, ja, die werden eines, die schlüpfen... die sind jetzt ineinander geschlüpft, die sind jetzt schon eins, also jetzt ist es ein Kind.
Th: Jetzt ist es Dein inneres Kind.
Kl: Jetzt hab ich mein inneres Kind.
Th: Schau mal: Wie sieht es aus? Guck, was es tut, was es macht, wie es ihr gefällt...
Kl: Die hüpft jetzt zwischen mir und meiner Mutter hin und her. Die ist frei.
Th: Jetzt muss sie sich nur noch entscheiden. Ach so, die ist frei, a, klar, Deine Mama ist...
Kl: Ja, klar, die ist frei. Die ist hier geborgen, in dem Kreis. Da ist meine Mutter, da bin ich. Die hüpft jetzt da und es ist schön. Ja, komm zeig mir doch mal jetzt... jetzt will ich noch mal in die Pyramide rein. Ist jetzt so ein Gefühle gerade. Die Pyramide sieht ja schon von Außen völlig anders aus. Viel einladender. Viel lebendiger. Du meine Güte: JA! Die war vorher nur grau und wie so eine Grabstätte, wie so ein... und jetzt ist die ganz bunt, gell, mit so einem Vorhang vorne... ist das überhaupt noch eine Pyramide? Oder ist das jetzt ein Zelt? Jetzt muss ich mal gucken, aus was das ist: Sieht jetzt eher aus wie Stoff. Scheint ein Zelt zu sein. Ist jetzt ein Zelt und jetzt gehen wir da rein und da drin ist voll was los! *überglücklich* Ha! Woah, wie im Zirkus! Was geht hier? Oha, WOW! Buoh, da sind ganz viele, viele bunte Sachen?! Da sind Tiere und... das ist wie in so einem Zirkus. Da geht richtig was ab, total lebendig! Weißt Du? So eine Manege und überall ist Leben und da wird was gemacht und hier und die machen... da proben sie dies und da jenes, und so, und... oh ah, voll, voll, das Leben pur! Leben pur! Genial! Und die Kleine freut sich: „Juhu, wir gehen in den Zirkus!“, *lacht von Herzen*, ha ist das schön! WOW! „Ja, Mama, Mama, ich will in den Zirkus!“, sagt sie zu mir. Oder sagt sie das jetzt zu meiner Mutter? Ist egal, ich bin jetzt beides. Ich bin beides. Ich bin einfach beides, ich bin alles. Wir gehen jetzt in den Zirkus, Mäuschen, Zirkus ist schön, gell? Da ist es total lebendig, und das ist auch einer, der Tiere gut behandelt. *atmet erleichtert aus*
Die freut sich und hüpft rum. Mh. Ja. Gut. Prima! Das fühlt sich jetzt super an. Das haben wir jetzt... gut, und jetzt? Was machen wir?
Th: Geh mal in Dein Leben, und schau mal, wie Dein Leben jetzt verläuft. Geh einfach mal die nächsten paar Tage, nächsten paar Wochen vorwärts auf der Zeitachse und guck mal: Wie verläuft jetzt Dein Leben? Wie ist es jetzt?
Kl: Ich sehe mich jetzt, das erste was kommt, also der aller erste Gedanke, Bild, dass ich mehr Freude hab am Einkaufen. Lebensmittel einkaufen, das hat mich immer voll genervt. Ich hab immer gedacht: „Äääh, ich muss noch einkaufen! Ätzend!“, und hab immer gedacht: „Was kauf ich denn jetzt ein?“. Und das erste war jetzt gerade, dass ich Spaß habe am Einkaufen, dass es mir Freude macht! Dass ich voller Freude und voller Lust Lebensmittel aussuche.
Th: Ja.
Kl: Die ganz bewusst auch aussuche und sage: „Und das koche ich heute.“, und mit Freude etwas zu Essen mache. Weil das war die letzten Tage ganz ätzend. Bevor ich hier los gefahren bin: Ich hatte keinen Bock zu kochen, ich hatte keinen Bock... gar nix... ich hab den Kühlschrank auf.... *uff*... das war alles so... oooh, das ging ganz schwer, ehrlich, und es ist mir auch ganz schwer gefallen für Marlene was zu machen, weil die muss ich ja irgendwie... ich kann ja nicht... puh.
Und das sehe ich jetzt gerade, das war das erste. Was sehe ich denn noch? Sehe ich noch was? Es geht jetzt eigentlich gerade nur um diese Ernährung. Das ist gerade das Hauptthema. Thema Ernährung. Thema Ernährung. Thema Ernährung, Ulla! Und, dass ich JETZT mich total sicher fühle in dem Bereich.
Th: Ja.
Kl: Ich kann mich ernähren. Ich fühle, oh, es wird jetzt ganz warm in meinem Bauch, och, schön! Ich muss keine Angst haben, dass ich mich überesse, ich muss keine Angst haben, dass ich jetzt irgendwie da so einen Bauch krieg oder was? Weil meine Oma, die hatte so einen Bauch, die hat so dünne Arme und so dünne Beine gehabt, aber so einen Bach, als wenn sie schwanger wäre, das fand ich nicht so schön. Da muss ich keine Angst haben, das ist Bewusstsein, das geht einfach von selbst. Und selbst wenn ich ein bisschen zunehme und ein bisschen fülliger bin, dann bin ich nur weiblicher und weiter gar nix. Und das ist völlig in Ordnung!
Th: Schau Dich ruhig mal an, schau Dich an und guck mal, ob Du Dich so annehmen kannst.
Kl: Ja, vollkommen! Vollkommen! Ich kann mich ruhig ein bisschen weiblicher noch annehmen, also damit hätte ich überhaupt kein Problem, wenn das so wäre, dann wäre das absolut o.k.
Th: Guck mal, wenn Dein Busen wächst, ob Du ja dazu sagen kannst.
Kl: Ja. Ja.
Th: Guck mal wie Du wirkst.
Kl: Oh, ich wirke weiblicher. Ich wirke viel sinnlicher. Ich wirke sinnlicher. Weicher.
Th: Erotischer?
Kl: Könnte auch sein. Weicher, sinnlicher. Sinnlicher, das drückt es für mich aus. So... weiblicher, das ist es irgendwie.
Th: Ja.
Kl: Schön, das gefällt mir, das finde ich schön. Nicht mehr so hart, weißt Du, so... kämpfen, *verkrampft sich, um es zu zeigen*
Th: Hast Du schon mal Deine innere Frau kommen lassen? Kennst Du sie?
Kl: *verneint*, nö. Soll ich die mal kommen lassen?
Th: Ja, o.k. Mach das mal. Ruf sie einfach mal auf.
Kl: Hallooo... innere Frau...*amüsiert sich* hey, hallo, komm mal! Mal gucken wie die auftaucht, innere Frau, Dich gibt es ja bestimmt, Du bist ja da, komm mal!
Th: Du kannst Dir sogar vorstellen – das ist auch am einfachsten – Du bist am Strand und sie taucht von links auf, so ein kleiner Punkt, der immer größer wird.
Kl: O.k.
Th: Und dann siehst Du ihren Gang und ihre Haltung und...
Kl: Ja. Äh, das ist jetzt, die muss nicht aussehen wie ich, oder?
Th: Keine Ahnung. Lass Dich doch überraschen wie sie aussieht.
Kl: Weil ich hab jetzt nämlich gleich das Bild gehabt, dass ich gemalt habe, gestern. Ich hab ein Bild gemalt, einfach so, ich hab gedacht „Jetzt mal ich einfach mal drauf los.“, und das wurde dann eine ganz schöne Frau mit so einem schwangeren Bauch, die nackt am Strand liegt *lacht*, weil Du das jetzt sagst, die nackt im Wasser liegt, also am Strand, das Wasser umspült sie so. Und jetzt sagst Du das, und dann hab ich dieses Bild, dass ich gestern gemalt habe. Gestern als ich abends so bereit war, dass Du dann irgendwann mal auftauchst, da hab ich dieses Bild gemalt. Und das ist sie. Das ist meine innere Frau. Jetzt weiß ich auch, was ich gemalt habe.
Th: Genau, dann lass sie mal auftauchen und guck mal, was sie sagt oder wie sie auf Dich reagiert oder wie sie ausschaut.
Kl: Jaaa... die kommt jetzt. Musst Du unbedingt schwanger sein oder geht das auch ohne? „Das ist egal.“, sagt sie. Die ist da. Die ist voll schön, WOW! Hat lange Haare.
Th: Rede mit ihr!
Kl: Hey, Du bist voll schön. Du bist wunderschön. Du hast lange, lange, lockige Haare und zierlich bist Du – irgendwie. Aber ganz weiblich. Volle Kanne weiblich. Also zierlich, echt zierlich. Ach so, jetzt, jetzt sagt sie mir gerade, ja, sie ist noch ein bisschen klein, weil ich sie immer nicht beachtet habe. Deswegen ist sie so zierlich... ich sag zierlich, dabei ist sie ganz... eigentlich klein.
Th: Ja.
Kl: Ja, o.k., das stimmt, Du bist klein, Du bist nicht wirklich groß.
Th: Frag sie mal, ob sie noch wächst.
Kl: Könntest Du vielleicht noch ein wenig wachsen? Ich meine, jetzt hab ich hier so was schönes mit meinem inneren Kind und so... ich fände es schön, wenn Du so groß wärst wie ich. Also nicht so klein. Na ja, da müsste ich schon was dafür tun, damit sie jetzt wächst.
Th: Ah ja. Ja, soll sie doch mal sagen, was Du tun kannst.
Kl: Ja, was soll ich denn jetzt tun? Was muss ich denn tun? Oder was kann ich tun? „Leg Dich erst mal hin!“, *lacht*, o.k., „Entspann Dich.“, *amüsiert sich*. Puh.
Ich soll mich wahrnehmen, sagt sie.
Th: Du weißt, was sie meint? Wenn nicht lass es Dir zeigen.
Kl: Ich soll mich als Frau wahrnehmen.
Th: Dann mach doch mal folgendes: Dann geh doch mal in sie hinein und schau mal aus ihren Augen heraus und damit siehst Du ja wie Weiblichkeit schaut.
Kl: Ah! Danke für den Tipp! Das ist eine super Idee, weil jetzt mach ich das und dann sehe nämlich, dass Weiblichkeit unterdrückt wird! Deswegen ist sie so klein. Jetzt! Jetzt verstehe ich das. Wenn ich jetzt in ihr drin bin, nämlich, dann komme ich sofort in eine Szene, da bin ich bei meiner Oma... und da sind so die Männer, und die hocken am Tisch, ne, und die diskutieren über die wichtigen Dinge, und die Frauen, die müssen in der Küche waschen und bügeln, äh, Quatsch, koche, abwaschen und Kuchen backen und so was. Und das ist so dieses... dagegen hab ich mich immer gewehrt! Und deswegen ist diese Frau so klein, das sagt die mir jetzt, das zeigt dir mir gerade alles.
Th: Ja.
Kl: Hach. *genervt* Jetzt bin ich schon wieder in meiner blöden Vergangenheit! Man!

Th: Ja, da ist sie entstanden: Deine Weiblichkeit durfte nie groß werden.
Kl: Ja, gut, o.k., ist ja auch in Ordnung, aber das geht mir langsam auf den Keks!
Th: *lacht* Da kannste mal sehen, was alles so in Deiner Vergangenheit hängt! Du bist Deine Vergangenheit.
Kl: *lacht mit*, also so was!
Th: Zeig mal Deiner Oma hier, was dabei heraus kommt, wenn die sich nicht traut hier mal auf den Tisch zu hauen, oder was auch immer, oder sich einfach einzubringen mit ihrer Qualität.
Kl: Ja. Das ist richtig. Ich finde dieses ganze... ich muss diese ganzen Männer hier erst mal zur... hier mal: Also wisst ihr was? Ihr seid echt total Wichtigtuer, ja?! Ihr seid richtige Wichtigtuer! Und ihr meint, Frauen... der sagt doch zu mir, der Onkel sagt zu mir, der Onkel Willi ist das, der Polizeikommissar da, der sagt zu mir: „Ich soll meinen Mund halten, weil...“, so auf die Art, da käme eh nichts gescheites heraus, ich hätte doch keine Ahnung von den wichtigen Dingen. Solche Sachen sagt der zu mir?! Solche Sachen sagst Du zu mir! Du bist dumm das kracht! Du hast keine Ahnung von Gefühlen! Du bist ein emotionsloses, weiß ich nicht was, so ein, so ein, so ein... guck Dich mal an! Und Du sagst zu mir, ich wäre dumm? Du bist doof! Das wollte ich Dir schon lange mal sagen: Du bist richtig doof. Du bist mehr als doof. Du bist... als ich Dir den Brief geschrieben habe, hast Du überhaupt nicht gewusst, wie Du reagieren sollst, weil Du zu doof warst, zu reagieren, weil Du das nicht konntest, weil Du überhaupt nicht in der Lage bist emotional zu reagieren. Und Du meinst es wäre viel wichtiger über Politik zu reden, das kannst Dir mal ans Bein schmieren. Und da sitzt der Dings, der Freund von meiner Oma, der Georg, „Frauen in die Küche!“, ruft der hier!
Th: *lacht*
Kl: *lacht auch*
Th: Ja, klar, der will versorgt werden.
Kl: Ja! Der streckt den Arm hoch: „Frauen in die Küche, hinter den Herd!“, und die Oma folgt. Die macht das. Oma in die Küche. Und ich soll auch in die Küche und soll mithelfen, und ich hab mich dagegen gewehrt, immer und jetzt werde ich... *atmet tief durch*, pass mal auf: Ich will Frau sein, komplett, voll und ganz Frau sein, echt, von Kopf bis Fuß, mit Haut und Haaren Frau, und trotzdem meinen Mann stehen! Kann das irgendwie in Dein Hirn rein? Dass das geht?! Dass das möglich ist, dass man das miteinander verbinden kann! Dass man es nicht so trennen muss: Da ist Weibchen, hinter dem Herd, macht Essen und alles und so, Kinder und... hhhh.... und da ist der Mann, und der darf kreativ sein, der darf sich entfalten, der darf alles und Frau darf gar nix, und die muss immer nur machen, was Mann sagt – hier – das ist veraltetes Gedankengut! Das ist das, was ihr gelebt habt. Die Zeiten sind vorbei!
Schluss!
Th: Genau. Schick ihn in die Küche, er soll jetzt auch mal abwaschen.
Kl: Genau, jetzt fangen wir damit an. Die Zeiten haben sich nämlich geändert. Oma? Du tust jetzt mal was für Deine... *fängt an zu lachen* Entfaltung! Setz Dich ans Klavier! Du lernst jetzt Klavier spielen oder irgendwas, ich weiß es nicht?!
Th: Oder sie liest Brigitte.
Kl: Genau. *g*, ach, weißt Du was die macht? Die geht zum Friseur, erst mal so. Oh ja, sie macht mal was für sich, gute Idee, endlich mal. Genau. Geh mal zum Friseur und mach mal was für Dich und mach mal hier Dein Dorftratsch und Dein Freund hier, der Georg, der kann jetzt mal den Haushalt machen. Oh, der weiß gar nicht wie es geht.
Th: Siehst Du!
Kl: Pass mal auf, das ist ganz einfach: Du siehst ja, was getan werden muss und Du machst es einfach. Und wenn Du irgendwas nicht weißt, lässt Du es halt stehen und fragst dann nachher, wenn Oma zurück ist, oder so.
Th: Ja.
Kl: Oah, der sieht ganz schön bedröselt aus, jetzt. Man, das ist Zeit geworden! Und Onkel Willi, Du kannst gleich mithelfen: Du kannst jetzt hier mal Socken stricken.
Th: *lacht*
Kl: *amüsiert sich sehr*
Th: Wenigstens ein paar Löcher stopfen.
Kl: Ja! Genau! Super! Onkel Willi strickt Socken! Ja, und was machen wir denn hier noch? Und die Patin, das ist auch so eine alte Kämpferin, die mag ich, die... weißt was wir jetzt machen? Wir Frauen? Wir machen jetzt „Urlaub“. Wir lassen jetzt die Männer den Haushalt machen, und wir gehen jetzt Angeln. Wir machen Urlaub, wir gehen jetzt an den See – so wie die es immer gemacht haben: Die sind immer angeln gegangen und ich durfte nicht mit – und jetzt machen wir das! So! Bitte! Ihr könnt jetzt hier mal alles versorgen, Haushalt und ich weiß nicht... und wir gehen. Jawohl. Gute Idee. Super Idee. Hach. Ach ja, ihr müsst uns noch was zu Essen einpacken! *lacht*.... ach, das macht er jetzt gleich, er packt uns was zu Essen ein. Genau, echt, tauschen wir mal die Rollen. *atmet erleichtert aus*
Jetzt wächst sie langsam.
Th: Oh ja!
Kl: Hm.... die wird größer... und stärker. Ja, genau, sie will nämlich frei sein, sich entfalten können. Und nicht das tun, was andere sagen: „So, hier, Du machst jetzt eine Ausbildung im Finanzamt und dann heiratest Du und kriegst Kinder und bleibst brav.“ O.k. , jetzt bist Du groß, gell? Ja, jetzt ist sie groß, jetzt ist sie so groß wie ich. Ah... ja wir können uns jetzt am Meer hier ein bisschen vergnügen, wenn ich will.
Th: Genau, geh noch mal in sie hinein und spüre noch mal, wie das ist, weiblich zu sein, einfach Frau zu sein.
Kl: Genia, ah, ich bin nackt, ich bin wunderschön, ich liebe meinen Busen, ich liege hier, ich möchte mich am liebsten... keine Ahnung... es ist super. Es ist wunderschön: Ich bin Frau. Ah, ich bin Frau, das ist genial, echt! Aaaaah.....
Th: Guck mal, wie die Männer auf Dich reagieren und ob Du damit klar kommst.
Kl: *atmet erleichtert aus*.... wie die Männer auf mich reagieren... der Mann, der findet mich schön, der da jetzt gerade sitzt. Er findet mich anziehend, er findet mich erotisch, er findet mich... pff... und der will mich auch nicht einfach nur poppen, so „Hopp, drauf und durch und fertig.“, sondern er will mich lieben, zärtlich, liebkosen, streicheln... und ich will mich hingeben... mhm.... oh, und vor allem fühle ich jetzt meinen Körper GANZ! Ich fühle ihn von der Fußspitze, Fußnagel, bis hoch zum... weiß nicht... da irgendwo, Haaransatz. Ich fühle ihn komplett, durchgehend, ganz. Oah! Und meine Hände kribbeln. *dehnt sich*
Ach, und weißt Du was mein Körper jetzt sagt? Der sagt, dass ich jetzt auch alles andere besser wahrnehmen kann, nämlich z.B. wenn ich irgendwo liege, dann kann ich besser wahrnehme wo ich liege, und ich spüre die , und ich spüre die Wärme, und ich spüre jetzt mehr die Sonne auf meiner Haut, und ich spüre, was weiß ich, den Wind... alles viel... ich nehme jetzt bewusster wahr, sagt er. Alles. Alles. Meine ganze Umgebung, alles auch was um mich herum ist. Ich rieche besser... ich fühle besser.. ich...
Th: Du bist mehr auf der Erde. Du bist mehr angekommen. Du bist mehr wieder da.
Kl: Ja, genau, ja. *atmet tief und entspannt*, das ist schön.
Und ich muss aufs Klo.
Th: *lacht*, das ist eine Auswirkung davon.
Kl: Ja, das ist toll! Das ist richtig klasse, ich bin voll dankbar jetzt. Und weißt Du, ich liebe das Meer eh voll, und das passt richtig gut, das Bild gerade. Hier am Meer zu sein, das ist wunderschön, ich liebe es, ich liebe es. Das drückt so viel aus, von dem, was ich fühle, so.... oh... ja... und jetzt gehe ich am liebsten in das Wasser rein und fühle ganz das Wasser, aah.... und wie das so wabbt... weißt Du... so wupp... Wellen...
Th: *Spielt Meeresrauschen ein.*
Kl: Oh ja! *genießt es, am Meer zu sein*, *streckt sich, dehnt sich*
Weißt Du, was mir für ein Gedanke gerade kommt? Mir kommt gerade, dass ich erst jetzt, JETZT, jetzt bin ich erst offen für... für... „richtig lieben“.
Th: Jetzt wirst Du auch Beziehungen ganz anders erleben.
Kl: Ja, das Gefühl hab ich auch. Dass ich total... ich bin viel mehr in mir drin. Viel mir IN mir drin. Und das ist die Voraussetzung. Das ist die Grundvoraussetzung.
Th: Ja.
Kl: Mhm. Das ist supi. *gähnt*, darf ich das jetzt noch ein wenig genießen?
Th: Ja klar, natürlich, *lacht*, den Rest Deines Lebens.
Kl: *lacht*, der war gut! O.k. Mach ich.
Th: Soll ich Dich ein bisschen alleine lassen?
Kl: *bejaht*
Th: O.k. Guck mal, ob die beiden Kinder, also Dein inneres Kind jetzt, wo das ist und wie das aussieht und was das sagt. Das gucken wir erst mal noch.
Kl: ... äh, lass mal gucken... das sitzt da auf dieser Wiese vor dem Zelt, oder Pyramide, Zelt.... äh.... ah ja, das kann auch eine Pyramide sein, das ist auch gar nicht schlimm, sagt mir das jetzt gerade, weil das wäre dann so dieses... das ist in dem Zelt integriert, die Pyramide. Also die steckt da drin, die kann ich da drunter schon auch vor gucken lassen, weil ich werde auch irgendwann sterben usw., aber... ja, das muss ich jetzt ja nicht erklären, so ist es halt. Und davor sitzt dieses Kind und spielt ganz friedlich da in der Sonne.
Th: Gut. Und jetzt frag mal, ob es bei Dir bleibt oder ob es zu ihrer Mama will. Ob es in Deinem Leben sein will.
Kl: O.k. Du? Ulla, hm, jetzt muss ich erst mal in die Knie gehen, hör mal, ich muss Dich was fragen, „Ja?“, ich möchte gerne, oder: Möchtest Du mit mir zusammen sein? Das ist sie doch schon. Ja, aber möchtest Du mit mir zusammen leben? Also ich... ähm... ich würde Dich gerne in meinem Leben habe, ich hätte gerne, dass Du in meinem Leben dabei bist, einfach zu mir gehörst, dass wir zusammen gehören, dass wir gemeinsam Zeit miteinander verbringen. Dass wir z.B. miteinander in Urlaub fahren oder... keine Ahnung... bist halt dabei.
Th: Mit der Marlene spielen...
Kl: Genau, mit der Marlene spielen. Das hatte ich jetzt eh schon die ganze Zeit in meinem Hinterstübchen, dass das was mit der Marlene zu tun hat.
Th: Du kannst die beiden ja bekannt machen.
Kl: Ja, genau, Marlene guck mal: Das ist mein inneres Kind! Hey, die finde das gut. Cool, die gefallen sich. Oh ja, oh ja, die würden gerne miteinander spielen, oh, super gerne. Das ist ja toll. Gern, ja, super, die bleibt bei mir. Auf jeden Fall. Auf jeden Fall. Wenn die hier miteinander spielen können, auf jeden Fall.
Th: Guck mal, ob Deine Mama sich jetzt verabschieden könnte, wenn sie sieht, was sie zurück lässt und ob sie damit einverstanden ist. Die kann ja weiter in Dir leben, sie ist ja weiterhin Deine Mama, aber ob sie bereit ist, sie los zu lassen.
Kl: Ja, also, genau, sie sagt jetzt gerade, sie könnte jetzt da in die Gruft. In unsere Pyramiden-Gruft, da könnte sie sich mal rein legen und auf uns warten, bis wir auch so weit sind. Also der Teil halt... ähm... ja, sollen wir das jetzt machen? Sollen wir uns jetzt verabschieden? Dann gehst Du jetzt da rein und wartest auf uns, wir kommen noch nicht, wir wollen noch leben, und wenn wir irgendwann so weit sind, dann kommen wir. Und wenn wir zwischendurch... ich meine, wir können uns ja immer treffen, hier in der Innenwelt, ist ja überhaupt kein Thema. „Ja, so können wir das machen.“
Th: Schau mal, ob die Kleine damit einverstanden ist.
Kl: Ja, die ist damit einverstanden, die spielt mit der Marlene, die will hier bleiben. Bei mir, im Leben.
Th: O.k.
Kl: Die will nicht mehr in die Gruft zurück.
Th: Dann soll sie das der Mama sagen und dann sollen die beiden sich trennen.
Kl: Jetzt: Sagst Du ihr das mal? „Du, ich bleib jetzt hier bei der Ulla, da gefällt es mir jetzt besser, die lebt und das ist lebendig, und das ist schön, und überhaupt, und die hat eine Tochter und.. ich fühle mich richtig wohl hier, das ist alles toll, ich will hier bleiben. Ist das o.k.?“, „Ja, das ist o.k.“, „O.k., dann kannst Du jetzt in Deine Gruft gehen und wir kommen dann irgendwann mal.“, „O.k.“., „Also: Tschüß!“, noch mal die Hand geben, „Ah, wir können uns noch mal umarmen...“, die umarmen sich jetzt noch mal: „Ich hab Dich lieb.“, „Ich hab Dich auch lieb.“, *lacht*, die geht jetzt. Ja, schön. „Tschüß!“, jetzt winkt sie. Die lächelt. Die lächeln beide. Und die Mutter ist ganz beschwingt auch, also es ist alles voll in Ordnung, wow, cool, schönes Bild. Und die Kleine, die ist so im Jetzt, die geht jetzt zurück zu meiner Marlene – das ist nicht meine Marlene, sondern sie geht zurück zu der Marlene – und, ja, die sind im Jetzt. Die sind ganz im Jetzt zentriert.
Th: Ja.
Kl: Und die spielen, und die Sonne scheint, und „Hey, es ist Frühling, und überhaupt, das Leben ist schön.“
Ah, und die ist bei mir *Freudenschrei*: Jahahaaa! Das ist super! Ah!
Th: Ja, so soll es sein: Dein inneres Kind ist da, lebendig, und Deine innere Frau ist auch da, auch lebendig und freut sich.
Kl: JA! Man, genial, haben wir bald wieder ein Mannschaft! Schön! Ah!
Th: So fühlt es sich an. Normalzustand.
Kl: Das fühlt sich super an! Hey, WOW, echt, das fühlt sich richtig klasse an! Ja! So muss es sein. JA! Leben! Das ist es! Das ist Leben! Das ist lebendig sein. Oha. Ha. Ich bin richtig zufrieden. So zufrieden. So richtig. Ah.
Th: Gut. Dann frag mal, ob man das für heute so stehen lassen kann.
Kl: *antwortet sofort* JA, sag ich da, ganz schnell. Auf jeden Fall lassen wir das so stehen jetzt, das ist wunderbar.
Th: Gut, dann lass ich Dich noch ein bisschen allein.
Kl: Ja.